Das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” hat deutlich an Qualität eingebüßt und ist offenkundig zum Sprachrohr des rechten Zeitgeists geworden. Ist der Spiegel noch überhaupt noch links?
Früher hatte ich mal die App des Nachrichtenmagazins Spiegel installiert. Es war die erste Website im Internet, die ich damals besucht habe. Früher war der Spiegel mal ein Leuchtturm und Aushängeschild für eine liberale Gesellschaft. Früher, ja früher. Einst hat der Spiegel die Mächtigen kritisiert und stand für die Gerechtigkeit in diesem Land ein. Längst vergessen sind die Tage der Spiegel-Affäre, bei der man es mit der Macht der CSU in Form von Franz Josef Strauß aufnahm. Lange lebte das Magazin von diesem Ruhm, den es auf der richtigen Seite der Geschichte erwarb. Aber jetzt ist die einstige Ikone linker und liberaler Ideale zu einem langweiligen Mitläufer des rechten Zeitgeists geworden.
Schon vor Längerem hat das Magazin seinen Kurs im solidarischen Feld der Politik neu bestimmt und es allmählich verlassen. Der Grund war, das ist spekulativ, der finanzielle Rahmen. Wenn das stimmt, hat nicht die CDU den Spiegel ruiniert, nicht der Faschismus – nein, es war vermutlich das liebe Geld. Das fehlende Geld. Profit war angesagt und der Spiegel wollte beim Geldmachen nicht hinten anstehen.
Und hast Du mal die Kommentare unter den Spiegelartikeln gelesen. Als hätte Putin eine Armee von Trollbots losgeschickt, die kommentarische Deutungshoheit darüber zu erlangen. Es tummelt sich nur noch rechtes Gedankengut und jede Stimme der Vernunft wurde digital niedergebrüllt. Vielleicht führte auch das zu einer Veränderung der Weltsicht in der Zeitungsredaktion? Das würde dem Wunsch nach gesteigerten Verkaufszahlen entsprechen.
Immer öfter konnte man die Kampfbegriffe der rechten in den Titeln finden. Die Titel wurden immer reißerischer und zuletzt übernahm man immer öfter auch die Narrative des rechten Felds. Jetzt – und damit habe ich diese App von meinem Handy gelöscht – titelte man doch tatsächlich: „Wie aufgebläht ist der deutsche Sozialstaat wirklich?“. Tatsächlich habe ich den Artikel nicht gelesen, er ist ja hinter einer Paywall. Aber der Titel allein reicht mir schon.
Der Sozialstaat ist weder aufgebläht, noch sollte man den Titel so wählen. In der Verfassung ist ausgewiesen, dass die Bundesrepublik Deutschland ein Sozialstaat ist. Es ist ein Grundbaustein, sodass der Faschismus nicht mehr Fuß fassen kann. Der neoliberale Druck hat dem aber Vorschub geleistet. Woher kommt die „AfD“ denn sonst? Diese Art der Betitelung impliziert denn eine Affirmation. Das ist so, als würde man titeln: „Wie faul sind die Armen?“ oder „Wie tödlich ist Cannabis?“.
Die CDU-Propaganda, der Sozialstaat wäre aufgebläht, dient einzig der Vorbereitung des Diskurses, der mit der weiteren Einschränkung der Sozialausgaben fortgesetzt wird. Man wird es so oft hören, bis man es glaubt und schließlich hinnimmt.
Und der Spiegel ist mit diesen profitträchtigen und reißerischen Titeln nun ein Teil dieser Maschinerie geworden, die geeignet ist, die Menschen gegeneinander auszuspielen, sodass die Reichen sich weiter vom gemeinsamen Tisch entfernen können. Dessen Konsequenz am Horizont Form annimmt.
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