Weihnachten, Religion und Berlin
Ein Freund von mir möchte sich mal auslassen über die Frage von Weihnachten, Religion und der Atheistenstadt Berlin, sowie seiner Weihnachtssicht auf Berlin.
Opium fürs Volk? Die Weihnachtsdebatte…
Der Aufschrei war groß also im Spätsommer der Beschluss die Runde machte, Kreuzberg zur weihnachtsfreien Zone zu machen. Hintergrund sei, religiöse Feierlichkeiten aus dem öffentlichen Raum zu verbannen – unabhängig vor dem kulturellen Hintergrund. Schlagzeilen der Empörung schossen daraufhin aus der Boulevardlandschaft wie Pilze aus einem herbstlichen Waldboden, begleitet von einem gemeinschaftlichen Kopfschütteln, das beinahe chronisch schien. Laut Ordnungsstadtrat Friedrichshain-Kreuzberg ging es jedoch nicht darum religiöse Feiern per se zu verbieten, sondern vielmehr eine etwaige Benachteilung zu verhindern – ein moralischer Drahtseilakt erster Güte. Doch auch wenn die Lichterkette einen Bogen machen sollte um Kreuzberg, die Stadt erstrahlt in weihnachtlichem Glanz…
Kunsthandwerk und Gaumenfreuden
Allen voran sind es natürlich die Weihnachtsmärkte, die Berlin zu einer weihnachtlichen Erlebnislandschaft machen. In Friedrichshain ist es der traditionelle Weihnachtsmarkt and der Samariterkirche, wo die KiezWeihnacht an den Adventswochenenden Besucher anlockt. Die größte Ansammlung von Weihnachtsmärkten gibt es jedoch in Mitte. Egal ob Weihnachtszauber auf dem Gendarmenmarkt, Winterwelt und Weihnachtsmarkt Potsdamer Platz oder Weihnachtsmarkt am Opernpalais die Standorte sind inzwischen aus vorweihnachtlichen Stadtbild nicht mehr wegzudenken. Doch auch rund um die Gedächtniskirche und vor dem Schloss Charlottenburg gibt es eine herrliche Mischung aus Kunsthandwerk und Gaumenfreuden.
Strahlende Kinderaugen
Weihnachten ist gerade für Kinder vielleicht DIE Zeit des Jahres. Eine Reihe von möglichen Bastelaktivitäten begleiten Familien durch den Dezember – ganz gleich ob beim Teig ausstechen in der „Kinderbackstube Backmäuse“, beim basteln in der Kerzenwerkstatt „Feuer & Flamme“ oder Rodeln oder Eislauftraining in der Winterwelt am Potsdamer Platz. Für kulturelle Höhepunkte und märchenhafte Abwechslung sorgen beispielsweise „Hänsel und Gretel“ in der Komischen Oper für Kinder bzw. das Familienmusical „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ in der Komödie und dem Theater am Ku’damm. Ein besonderes Jubiläum feiert in diesem Jahr „Roncalli“: so heißt es bereits zum zehnten Mal „Hereinspaziert“ in die leuchtende Welt des Weihnachtszirkus‘.
Allee der Lichter
Auch die Prachtstraße „Unter den Linden“ wirft sich Jahr für Jahr in ihr funkelndes Winterkleid. Lichterketten winden sich die Äste hinauf während die Bäume gewissermassen als Leuchtskulpturen auf dem Boulevard Spalier stehen für weihnachtliche Aktivitäten jeglicher Art. Neben weihnachtlichem Marktreiben gibt es auch dieses Jahr wieder das traditionelle Eisstockschießen während sich vor dem Brandburger Tor wieder ein gigantischer Weihnachtsbaum in den Himmel streckt. Doch auch abseits des Mittelstreifens gibt es unzählige Möglichkeiten ein gefühltes Vollbad in Licht und Wärme zu nehmen. Egal ob mit einem kulinarischem Abstecher in eines der Restaurants vor Ort, auf der Jagd nach den letzten Weihnachtsgeschenken in einem der Shopping-Tempel oder etwas ausgefallene Abwechslung im legendären Wachsfigurenkabinett Madame Tussauds Berlin – die Möglichkeiten sind so facettenreich wie die Prachtmeile selbst.
Ein Blick gen Himmel
Auch wenn sich der Stellenwert der Religion im Laufe der Jahre und Jahrzehnte deutlich verändert hat, pilgern gerade zu Weihnachten vermehrt Menschen in die Kirchen. Weihnachtsgottesdienste und Andachten verströmen zwar eine teils gewaltige emotionale Schwere, aber auch eine Festlichkeit, die nicht nur Gläubige in ihren Bann zu ziehen vermag. In der größten Kirche Berlins, dem Berliner Dom mit Mitternachtsgottesdienst, Predigt und Chor in der Gedächtniskirche oder Berliner Weihnachtsliedersingen in der St.-Marienkirche – und selbst in Kreuzberg mit der Heiligen Messe in der St. Clemens Kirche.
Wie auch immer das „perfekte Weihnachten“ für jeden Einzelnen aussehen mag, abgesehen von Schnee dürfte die Stadt eigentlich alle Zutaten bereitstellen. Und so wird es dann vielleicht eher ein emotionaler Drahtseilakt als ein moralischer…